Manipulationssoftware in Dieselfahrzeugen als Sachmangel im kaufrechtlichen Sinne – Welche Käuferrechte bestehen im Einzelnen?
Der seit September 2015 öffentlich bekannte Manipulationsskandal von Herstellern an Dieselmotoren beschäftigt die deutschen Gerichte.
Klar ist wohl, dass im kaufrechtlichen Sinne durch die werksseitig verbaute Manipulationssoftware ein Mangel vorliegt. Es fehlt an einer Beschaffenheit, die bei Sachen gleicher Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann und konnte (sog. Beschaffenheitsmangel).
Doch welche Rechtsfolgen sind hieraus ableitbar?
Im Rahmen der Nacherfüllung durch den Verkäufer stellt sich die Frage, wie der Verkäufer – wenn er den Mangel beseitigen will – dieser Pflicht überhaupt nachkommen kann. Denn nach überwiegender Meinung wird der Verkäufer dem Käufer kein neues, von der Manipulationssoftware nicht betroffenes Fahrzeug zur Verfügung stellen müssen. Der Nacherfüllungsanspruch wird sich daher eher auf die Lieferung einer gleichwertigen Sache beschränken.
In der Praxis verweisen die Verkäufer häufig auf ein Nachbesserungsrecht durch Einspeisung eines Softwareupdates. Vor dem Hintergrund der Erfahrung einiger Käufer mit hierdurch bedingten „Neben- oder Folgewirkungen“ in Form von Leistungsverlusten an den Motoren, ist jedoch besonders bedeutsam, ob enttäuschten Käufern nicht auch ein Rücktrittsrecht zustehen kann und damit das mangelbehaftete Auto dem Verkäufer wieder auf den Hof gestellt werden darf.
Zwar ist grundsätzlich ein Rücktritt nur unter der Voraussetzung möglich, dass dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nachbesserung gegeben wird. Ist aber – wie hier, insbesondere wegen des Vertrauensverlustes aufgrund der systematischen Täuschung von Kunden und Behörden – die Unzumutbarkeit der Nacherfüllung gegeben, so kann nach neuerer Rechtsprechung auch unmittelbar ein Rücktrittsrecht entstehen. Folge eines Rücktritts vom Kaufvertrag wäre für den Kunden jedoch auch, dass dieser für den Einsatz des Fahrzeugs einen Nutzungsersatz zu zahlen hat.
Daneben kommen für den Käufer wegen der Verletzung von Schutzgesetzen (hier: Verstoß gegen das Verbot der Veräußerung, des Anbietens und der Inverkehrgabe ohne gültige Übereinstimmungserklärung) auch die Geltendmachung von Ansprüchen auf Schadenersatz aus deliktischer Haftung in Betracht.
Gegen wen richten sich die Ansprüche?
Zwar ist der Käufer grundsätzlich gehalten, sich hinsichtlich der Gewährleistungsrechte an den Verkäufer (Händler) zu wenden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jedoch anerkannt, dass dann, wenn – wie in den gegenständlichen Fällen – ein Arglistvorwurf gegen den Hersteller im Raum stehe, eine Herstellerhaftung ebenso in Betracht kommt.
Bisher sind noch keine höchstinstanzlichen Entscheidungen zum „Abgasskandal“, „Dieselskandal“, „Mogelsoftware“ oder wie man es auch bezeichnen will, bekannt.
Bei der Beurteilung, welche Rechte Sie geltend machen können, beraten wir Sie gern.
Karim Kousksi, Rechtsanwalt